Trolle, Norwegens Begleiter im Alltag
Während Jahrhunderten entstanden in Norwegen an verschneiten und kalten Wintertagen lebhafte Geschichten über Trolle. Die packenden Geschichten wurden von Grosseltern und Eltern mit viel Fantasie und auch täglich Erlebtem bereichert an die Jugend weiter gegeben. Viele der ursprünglich nur mündlich überlieferten Märchen wurden von Peter Chr. Asbjørnsen und Jørgen Moe gesammelt, aufgeschrieben und veröffentlicht.
Im norwegischen Volksglauben sind Trolle Dämonen, die sowohl Riesen wie auch Zwerge sein können. Das Anziehende, Gespenstische und zugleich auch Teuflische dieser lebhaften Figuren entstand im einfachen Alltagesleben der Menschen im dünn besiedelten Fjordland. Umfragen belegen, dass noch heute viele Norweger an Trolle glauben.
Die urtümlichen Wesen wurden durch das Drama „Peer Gynt“ von Henrik Ibsen weltbekannt. Peer, ein Träumer mit immer wieder neuen phantastischen Geschichten, muss sich in der Königshalle vor einer ganzen Trollfamilie beweisen.
Der Maler Theodor Kittelsen, ein gelernter Uhrenmacher, entdeckte im 19. Jahrhundert die Natur als Inspiration zum Malen und Schreiben. Er befasste sich intensiv mit den Trollen und er schrieb oft Texte zu seinen Bildern.

Beispiel links:

Da taucht der furcht- erregende Wassertroll aus dem Moor auf. Er spaziert als zotteliger Riese über die Hauptstrasse in Oslo und  ist verwirrt über die Menschen, die seinetwegen in Panik wegrennen.

 

 

Beispiel rechts:

Der Waldtroll mit seiner knorrigen Nase grübelt über sein Alter nach.

In der Neuzeit wurden aus den urtümlichen Trollen liebenswerte Wesen, was nach Ansicht von Kittelsen völlig falsch ist. Er sagte:" Was diese Geldmacher schreiben und zeichnen, stimmt einfach nicht. Ich weiss dies, weil ich mit den Trollen gelebt habe."

Aufgrund meiner eigenen Erfahrungen in Norwegen glaube ich der Aussage dieses begabten Malers, Schriftstellers und Träumers. Haben nicht Kinder und manchmal auch Erwachsene feine Beziehungen zu sichtbaren und unsichtbaren Welten? Ich denke, dass diese Sensibilität ihren Ursprung in einer sehr weit zurückliegenden Zeit hat.

Die heute bekannten, liebevollen und humoristischen Zeichnungen und Texte entstanden erst in den letzten 50 Jahren. Sie sind für die Touristen und die Kinder ausserhalb Norwegens bestimmt.

Es entspricht der Wahrheit, dass die Kinderbücher von Rolf Lindberg mit dem Ursprung der Trolle nichts zu tun haben. Doch die feinfühligen Geschichten aus dem Leben der Trolle mit den liebenswerten Zeichnungen sprechen für sich selbst.
Epilog: Spät am Abend, wenn ich in Gedanken und Träumen versinke, bin ich oft bei meinen neun Enkeln (davon leben drei in Norwegen). Manchmal erlebe ich mit ihnen in Gedanken wunderbare Momente. Es sind Geschichten aus Zeiten, wo wir alle noch Teil der Natur waren. Daher sage ich mit Überzeugung: "Ja - es gibt sie, die Trolle, denn in meinen Träumen lebe auch ich manchmal mit ihnen."
Text und Landschaftsbild von oph 02/2005

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