KUBA ZIEHT SICH NUR ZAUDERND AUS DEM ABGRUND EMPOR
Artikel vom Zürcher Foto-Journalist Gerd Michael Müller
       
 

Die Privatisierung einzelner Berufsgattungen und die Reformen in der Landwirtschaft,
kommen nur schleppend voran.
Bild: GMC/Gerd Müller

Bis 2015 sollte die sozialistische Rosskur des Regimes 1,8 Millionen Menschen in die Marktwirtschaft katapultieren, welche die post-sozialistische Marktwirtschaft auf Vordermann bringen und Kuba vor der Pleite retten sollen. Das scheint zurzeit rein planwirtschaftliches Wunschdenken, denn Kuba kommt nur zögerlich mit den Minireformen voran, wie Knut Henkel in der “WoZ” über den 6. Parteitag der PCC (Partido Comunista de Cuba) schreibt.
Den Brüdern Castro ist das Parlieren mit der grossen Kelle in die Wiege geschüttet worden, so wie der kubanische Rum in die Fässer geschüttet wird. Die Apelle oder «Ilamamientos», wie sie in Kuba genannt werden, wiederholen sich gebetsmühlenartig und verhallen ohne grosse Wirkung. Jedenfalls brachten sie die Kubanische Wirtschaft bisher kaum in Schwung.
Auf der Suche nach einem neuen kollektiven Wirtschaftsmodell am Parteikongress in Havanna, in dem das Zauberwort “Aktualisierung” immer wieder fällt und häufig von “Modernisierung” gesprochen wird, das Wort “Reform” aber immer noch nicht im Wortschatz vorkommt, geht es darum «effizienter zu reagieren» und dabei «Ressourcen zu sparen». Das sind zwar neue Töne, aber noch keine staatstragenden Rezepte für eine bessere Zukunft.
Dennoch wird sich das Leben der Kubaner grundlegend verändern. Schritt für Schritt. Das Giesskannenprinzip hat ausgedient, die “Libreta” ist zum Auslaufmodell geworden. Die automatische, wenn auch dürftige, dafür aber flächendeckende, kostenlose Grundversorgung mit Nahrungsmitteln und Gütern des Alltags (so z.B. Reis, Bohnen, Seife, Waschmittel), welche jedem Kubaner durch das Bezugsbüchlein “Libreta” monatlich zustehen, soll „auf dem Scheiterhaufen der kubanischen Geschichte verbrannt und zum Müll geschüttet werden“.
Auch mit der doppelten Währung dürfte es bald vorbei sein. Der schwache “Peso Cubanol” kann sich wohl auch nur noch kurze Zeit ins zweite Jahrzehnt des neuen Jahrtausends retten.
Die Legalisierung des Verkaufs von Autos (Oldies) und Immobilien, die bisher nur unter dubiosen Bedingungen getauscht werden konnten, dürften Kuba auch nicht wesentlich vorwärts bringen. Denn wer möchte schon in einem Staat investieren, der für Investoren als unberechenbar und äusserst schwierig gilt. Investoren aus dem Ausland wird inzwischen die Möglichkeit geboten, marode Hotels oder Industrieanlagen zu erwerben und zu modernisieren, aber 51% des neuen Anlagewertes bleiben beim Kubanischen Staat! Die auf dem Parteikongress gefassten Beschlüsse gehen nicht weit genug, um dem eingerosteten Staatsapparat auf die Sprünge zu helfen. Das Problem des alten Regimes, das sich an seine Pfründe klammert und keine internen Reformen im Staatsapparat vornimmt liegt darin, dass die PCC die Zügel nicht aus der Hand geben will.
Der Staat lähmt die Bereitschaft der Kubaner, sich marktwirtschaftlich selbständig zu machen durch zu viele Regulationen und planwirtschaftliche Eingriffe (Lizenzgebühren). Das anvisierte Privatisierungsmodell bleibt so unattraktiv wie bisher. Auch in der Landwirtschaft, dem grössten Sorgenkind Kubas, werden keine Fortschritte erzielt. Trotz 143’000 neuen Kleinbauern ist die landwirtschaftliche Produktion auf der Insel weiter gesunken, denn. auch dieser Sektor ist durch staatliche Vorgaben und Verpflichtungen viel zu stark geregelt.
Aufgrund der starren Rahmenbedingungen und der Lizenzabgaben dürfte es auch den mittlerweile rund 200’000 selbständig Erwerbenden schwer fallen, auf einen grünen Zweig zu kommen. Das Regime hofft, dass die grossen Ölvorkommen angezapft werden können, die Kuba zu einem Geldsegen verhelfen, ohne dass die Kubaner die dringend notwendigen Korrekturen im System machen müssen. Das Regime spielt auf Zeit und hofft auf bessere Zeiten.