Das 1.Internationale Drehorgeltreffen in Keszthely 2013 war ein Erfolg in jeder Hinsicht.

Der Himmel über dem Plattensee schimmerte an den Festivaltagen vom 7. und 8.September 2013 in herrlichstem Blau, die Sonne strahlte und die Drehorgelspieler waren froh, unter den zahlreichen Bäumen in der Fussgängerallee sich der Spätsommerwärme etwas entziehen zu können. Hansjörg & Irina Surber zeigten sich erleichtert, denn sie hatten uns Drehorgelspielern schon im Einladungsschreiben „Kaiserwetter“ für den Anlass versprochen. Und das hatten wir in der Tat!

Schon das Eintreffen der meisten Spieler am Freitagabend im kleinen Garten von Hansjörg & Irina Surbers Automatenmuseum war höchst spannend. Zur grossen Freude von Hansjörg hatten sich nämlich viel mehr Spieler auf die grosse Fahrt nach Ungarn gemacht, als er ursprünglich zu hoffen gewagt hatte. Es spielten an diesem Festival mehr als 50 Drehorgeln aus dem Gastland Ungarn, Tschechien, Polen, Österreich, Deutschland, den Niederlanden, Frankreich und der Schweiz. Damit wurde es den Drehorgelspielern möglich, etliche uns bisher unbekannte Spieler und ihre Instrumente kenne zu lernen.

Am Samstagvormittag startete das Festival mit offiziellen Begrüssungen durch einen Vertreter der Stadt und den Tourismusverein natürlich auf Ungarisch - und in gebührender Länge. Hansjörg Surber begrüsste uns auch alle - auf Deutsch und in wohltuender Kürze. Wir waren ihm alle sehr dankbar, denn die Sonne schien bereits erstaunlich warm auf uns herab und wir wollten doch alle endlich Musik machen. Die ganze Fussgängerzone stand den Musikanten zur Verfügung. Was für eine Wohltat, dass diese Zone mit grossen Bäumen bepflanzt ist und so den Instrumenten und den Spielenden Schatten bot. Einigen Instrumenten war ein bestimmter Platz zugeordnet, aber die davon nicht betroffenen Spieler stellten sich in losen Gruppen zusammen auf und schon bald war die ganze Fussgängerzone von unterschiedlichsten Klängen erfüllt. Die grosse Anzahl von Drehorgeln auf einer relativ kurzen Wegstrecke verlangte natürlich gegenseitige Rücksichtsname. Leider durften wir im benachbarten Schlosspark nicht spielen. Das war sehr schade, denn der Park ist schön, recht gross und zieht auch mit dem Schloss Feštetićs viele Besucher an. Der Familie Feštetićs verdankt die Stadt ihre historische Bedeutung. Mit ein paar Drehorgelspielern könnte der Park während der beiden Festivaltage eine zusätzliche Attraktivität gewinnen! Aus meiner Sicht wäre es wunderschön, wenn sich bei einem zweiten Drehorgeltreffen in Keszthely der Schlosspark für ein paar wenige und sich abwechselnde Drehorgelspieler öffnete. Drehorgelspieler musizieren aus Freude am Instrument und an den Melodien, die sie ihm entlocken, aber noch viel mehr Freude haben sie, wenn es interessierte Zuhörende gibt. Und solche gab es an diesem Wochenende in Keszthely zu Hauf. Die Menschen umringten die Musiker, freuten sie an den Melodien, wagten gar manchmal ein Tänzen dazu, bewunderten die unterschiedlichen Orgeltypen und stellten viele Fragen dazu. Natürlich war die Konversation meist ziemlich schwierig, aber mit ein paar Wörtern Ungarisch, ein paar Brocken Deutsch, Sprechen mit den Händen und viel Lachen, wenn es Missverständnisse gab, liessen sich die meisten Fragen einigermassen beantworten.

Als ich in einer meiner Spielpausen durch die Reihen der Drehorgelspieler spazierte, stellte ich zu meiner grossen Freude fest, dass an diesem Wochenende auffallend viele singende Drehorgelspieler aktiv waren. Die Gesänge trugen ohne Zweifel dazu bei, dass das Publikum sehr von diesem Anlass angetan war, denn selbst ohne Textverständnis überträgt die menschliche Stimme etwas, was das Instrument alleine nicht kann: Die Stimme der Sängerin oder des Sängers, die Gesten, die Mimik vermitteln eine nonverbale Botschaft, die vom Publikum mit Freude aufgenommen wird. Als die Musikanten am Samstag gegen Abend die Fussgängerzone verliessen, um sich endlich auszuruhen, hätten die Zuhörenden noch lange weiter da gestanden und gestaunt. Aber wir vertrösteten sie auf den nächsten Tag. Auch am Sonntag kamen die Menschen erneut in grosser Anzahl, viele von ihnen wiederum in wunderschöner barocker Kleidung, was den Anlass wirklich sehr festlich machte. Ich bedanke mich im Namen aller Drehorgelspieler ganz herzlich bei den Damen und Herren der Region Zala, die sich speziell für dieses Festival so schön kleideten. Sie haben das Wochenende für uns Musiker damit sehr speziell gemacht!

Die Drehorgelgemeinschaft traf sich am Samstagabend im Bootshafen von Keszthely zu einem feinen Ungarischen Abendessen, gesponsert von einem grossen Gönner des Anlasses, dem hier nochmals für seine Grosszügigkeit ganz herzliche gedankt sei! Bei Speis, Trank und Gesang vergingen auch diese Abendstunden sehr schnell.

Am Sonntagmorgen waren alle Drehorgelspieler wieder pünktlich zur Stelle und genossen untereinander und mit dem tollen Publikum nochmals viele frohmachende Momente. Die Zeit eilte so schnell, dass es für die Musizierenden kaum eine Gelegenheit gab, die für Keszthely angepriesenen Sehenswürdigkeiten zu bestaunen. Sollte sich nochmals eine Möglichkeit geben, in Keszthely zu sein, so schlage ich vor, mindestens das Schloss mit seinem Park zu besichtigen, das sogenannte Marzipanmuseum zu besuchen und vor allem in der dortigen Konditorei eine der leckeren Kuchen zu geniessen, eine Rundfahrt mit dem Stadtbähnchen zu machen und im Balaton schwimmen zu gehen, denn die Badehäuschen sind einfach zu schön altmodisch!

Leider geht auch der schönste Anlass einmal zu Ende und es gilt Abschied zu nehmen. Bevor die Abschiedstränen flossen, wurden wir auf dem Hauptlatz von Keszthely offiziell und vor viel Publikum aufs herzlichste verabschiedet. Zunächst wurden wieder Ansprachen gehalten und dann Preise verteilt. Der 1. Preis ging an Lutz Pape, den grossen Sänger aus Deutschland, aber noch viele anderer Drehorgelspielerinnen und –spieler wurden mit Naturalgaben beschenkt. Anschliessend packten viele Drehorgelspieler ihre Instrumente eilig ins Fahrzeug, weil sie noch am selben Abend zurückreisen mussten. Wer es nicht gar so eilig hatte, schaute sich die Volkstänze junger Ungarinnen und Ungarn an und staunte einmal mehr, wie ähnlich und doch wie unterschiedlich in Details sich die Volkskultur in Europa entwickelt hat. Der erfreuliche Anblick der jungen Menschen erleichterte es den Drehorgelspielern Abschied zu nehmen von Keszthely – allerdings mit der starken Hoffnung, dass es zur gegebenen Zeit eine Wiederholung des Anlasses geben wird!

Köszönöm és viszlát

Esther Meyre Müller/Schweiz
Peter Hauser/Schweiz

 

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